Chronobiologie – oder die innere Uhr

Chronobiologie

Ist der Mensch ein reines Gewohnheitstier oder verfügt er tatsächlich über eine innere Uhr, die sein Leben maßgeblich bestimmt? Forscher stellen schon lange fest, dass es anscheinend tatsächlich eine innere Uhr gibt, die sogar buchstäblich verstellt werden kann. Die Chronobiologie, die sich mit diesen Zusammenhängen befasst, ist gerade in industriell geprägten Ländern, ein besonders spannendes Forschungsfeld.

Inzwischen ist es dank umfangreicher Forschungen unumstritten, dass so etwas wie eine innere Uhr in jedem Menschen existiert. Fraglich bleiben aber immer wieder diese Punkte:

  • Ist die sogenannte innere Uhr wirklich nur von innen gesteuert?
  • Gibt es äußere Faktoren, die auf die Chronobiologie des Menschen wirken?
  • Kann man eine Anpassung an äußere Gegebenheiten positiv beeinflussen?

Fakt ist, dass der menschliche Körper nach bestimmten Rhythmen funktioniert. Verschiedene Abläufe, ob hormonell oder anders funktionell, laufen rhythmisch und zyklisch ab. Sie scheinen auch für die sogenannte innere Uhr maßgeblich verantwortlich zu sein. So kann man beispielsweise bestimmte Behandlungen und Eingriffe zu bestimmten Zeiten, etwa Medikamentengaben am Morgen, potentiell schmerzhafte Eingriffe gegen 15 Uhr oder Gabe von Cholesterinhemmern gegen Abend, nach dem Biorhythmus besonders günstig gestalten. Der Körper und sein hormonelles Umfeld beeinflussen diese Dinge besonders positiv.

Ebenso scheint der Tag-Nacht-Rhythmus mit dem verbundenen Aufwachen und Einschlafen von einer Art inneren Uhr geprägt zu sein. Hier stellt sich natürlich die Frage, inwiefern das natürliche Licht oder die natürliche Dunkelheit eine tragende Rolle spielen. Forscher konnten nachweisen, dass Menschen, die sich über einen längeren Zeitraum ausschließlich in künstlichem Licht aufhielten, eine massiv verstellte innere Uhr zeigten. Ging man in der Beeinflussung sogar noch weiter und gaukelte den erforschten Personen einen anderen Tag-Nacht-Rhythmus als tatsächlich vor, wurde die innere Uhr noch stärker verstellt. Nicht umsonst gibt es Länder, in denen der Entzug von natürlichem Licht als gängige Foltermethode gilt.

Das Licht, die Dunkelheit und besonders Rituale scheinen die innere Uhr zumindest zu unterstützen. So schlafen Menschen, die jeden Abend dem gleichen Ritual nachgehen, scheinbar besser als Menschen, die ein eher ungeregeltes Leben führen.

Wer eine längere Reise in eine andere Zeitzone unternimmt, weiß davon zu berichten, dass der Körper in den ersten Tagen regelrecht verwirrt ist. Die innere Uhr hat sich anscheinend den äußeren Gegebenheiten der eigenen Zeitzone angepasst zu haben, ebenso seine inneren Abläufe. Durch den plötzlichen Sprung in eine andere Zeitzone fällt das erst auf. Man spricht von einem Jetlag. Wie dieser zu besiegen ist, ist Ansichtssache. Manche Menschen gehen davon aus, wenn sie nur lange genug wach bleiben und quasi einen ganzen Zyklus überspringen, würde der Körper sich sehr schnell anpassen. Andere meinen, wenn sie einen Zyklus verschlafen, müsste es leichter funktionieren.

Während sich der Körper bei einer kompletten Verschiebung aber anpassen kann, haben es gerade Schichtarbeiter besonders schwer. Ihre innere Uhr gerät irgendwann komplett aus dem Takt. Schließlich müssen sie im günstigsten Fall einige Tage in einer Schicht und einige Tage in einer anderen Schicht arbeiten. Gerade wenn sich ihre innere Uhr angepasst haben könnte, verschiebt sich die notgedrungene Leistungsphase erneut. Dauernde Müdigkeit, abfallende Leistungskurven bis hin zu Sekundenschlaf können die Folgen sein. Aus diesem Grund sind gerade in wirtschaftlich aufsteigenden Ländern mit zunehmenden Schichtarbeiten immer mehr Menschen von einer gestörten inneren Uhr betroffen.

Die Frage, ob man mittels Medikamentengaben die innere Uhr wieder richtig einstellen kann, muss mit einem klaren Nein beantwortet werden. Zwar gaukelt der Körper dem Menschen zunächst vor, er würde auf die Gabe von Schlafmitteln entsprechend reagieren. Tatsache ist aber, dass es sich hier um einen reinen Betäubungseffekt handelt. Übertrieben angewandt, wird es über kurz oder lang nötig werden, die Nebenwirkungen der Schlafmittel mit Wachmachern und aufputschenden Substanzen zu bekämpfen. Es stellt sich ein vollkommen unnatürlicher Rhythmus ein. Die biologische Uhr ist, um bei dem Bild zu bleiben, quasi deaktiviert.

Mit natürlichen oder die Natur imitierenden Maßnahmen wie Tageslichtweckern kann man hingegen tatsächlich die innere Uhr unterstützen. Auch wenn man beispielsweise zu Zeiten aufstehen muss, die der inneren Uhr ansonsten widerstreben würden, fällt es dann zumindest etwas leichter, dennoch aufzustehen.

Ein Leben in Harmonie mit der inneren Uhr ist für den Körper sehr förderlich. Er kann seinem eigenen Rhythmus folgen. Alle Abläufe im Körper laufen besonders rund und auch der Schlaf wird tiefer und erholsamer ausfallen. Entsprechend gut wird man auch leistungsfähig sein, wenn es nötig wird.